30.09.2020  -  Ein Vortrag von Dr. Reinhard Goltz anläßlich des 300. Geburtstags von Justus Möser


"Wack'r Meken bin ick"

Justus Möser und das Niederdeutsche




Ein beschwingter Justus Möser samt einem „Wack’r Meken“

Mit Abstand ein stimmungsvoller Kulturabend auf Averbecks Hof 

Mit Kontrabass, Geige und Gitarre brachten die FolkVenner – in Person von Frank Hünniger,Michaela Blum und Rainer Mix – nicht nur die unter Einhaltung der Corona-Regeln voll besetzte Deele von Averbecks Hof in Glane, sondern auch ein von Justus Möser (1720-1794) aufgefundenes „Liedlein“ zum Klingen: „Wack’r Meken ben yck,/ Roade Strümpe dreg eck,/ Kann strycken, kann näyhen,/ Kann’n Haspel goet dreyen,/ Kann nock wol wat meer“, heißt es da übermütig.

Aber ist das denn überhaupt Osnabrücker Plattdeutsch? Und wie kam Möser eigentlich dazu, so ein einfaches Mädchenlied zu notieren? Hierzu hatten für den 30. September der Heimatverein Glane und der Landschaftsverband Osnabrücker Land gemeinsam einen Fachmann eingeladen: Dr. Reinhard Goltz, seines Zeichens ausgewiesener Kenner des Plattdeutschen und langjähriger Geschäftsführer des Instituts für niederdeutsche Sprache in Bremen.

Er führte die Zuhörer auf die Spuren eines heute vielfach unerwarteten Plattdeutsch-Interesses im 18. Jahrhundert. So steht Möser nicht nur in einer Reihe früher Sammler von Liedern und Regionalsprachlichem; er hat sich auch intensiv mit der Frage nach dem „Westfälischen“ auseinandergesetzt. Was das Mädchenlied aber im Einzelnen mit dem Osnabrücker Plattdeutsch zu tun oder auch nicht zu tun hat, tastete der Sprachforscher Wort für Wort ab und konnte spannende Schlüsse daraus ziehen. Denn Möser, der natürlich ringsum, vor allem auf dem Lande, mit niederdeutsch sprechenden Menschen umgeben war,schrieb und sprach selbst – allein schon aus Standesgründen – nur hochdeutsch. 

Als geschichtliches und kulturelles Kuriosum und doch quicklebendige Sprachdenkmäler nahm er dergleichen Überliefertes aber bereits aus einer gewissen Distanz wahr, ähnlich wie manche Zeitgenossen, allen voran Johann Gottfried Herder. Wie ‚osnabrückisch‘ dann solch ein Lied tatsächlich ist, war daher nur ein Thema unter vielen. Unter den frühen Gewährsleuten für das Osnabrücker Platt verwies der Referent im Übrigen auch auf den 1754 in Glane geborene Johann Aegidius Klöntrup (eigentlich Rosemann), der – insofern weitaus systematischer als Möser – ein Niederdeutsch-Westphälisches Wörterbuch, ein damals sogenanntes Idiotikon, publizierte, das noch heute als wichtiger Beitrag zur regionalen Dialektforschung gilt. 

Für die FolkVenner war der Abend gleichfalls Neuland: So vertonten sie eigens das Mädchenlied neu. Sie mussten sich dafür intensiv mit dem alten Text auseinandersetzen und dieses sonderbare westfälische Platt neu in den Mund nehmen, wie Rainer Mix schmunzelndbekennt. Dass diese Auseinandersetzung aber nicht nur gut klang und gut ankam, sondern den Musikern auch großen Spaß machte, wurde mehr als deutlich. Zudem betteten die FolkVenner den Vortrag noch in vier weitere zeitgenössische Musikschmankerl aus der Möserzeit ein, unter anderem in schwungvoll arrangierte Tanzstücke. Auch die Akteurinnen vom Heimatverein Glane waren überaus von dem erfolgreichen Abend angetan, obwohl sie aufgrund der Hygiene-Voraussetzungen im Vorfeld mehr denn je alle Hände voll zu tun hatten. 

Die liebevoll auf den Tischen arrangierten Obst-Angebote wurden vom Publikum aber nicht nur optisch, sondern auch gerne im intendierten Sinne des Genusses gewürdigt.

Kurzum: Die wunderbar lockere Abfolge von Vortragsabschnitten und Musik im schönen Rahmen hatte großen Charme. Und auch wenn das Gros der circa 40 Zuhörenden ihre Masken aufbehielten und daher beim Referenten und den Musikern vielleicht wenig Rückmeldung zur Stimmung ‚rüberkam‘: So mancher wippende Fuß oder rhythmisch bewegte Kopf und der lang anhaltende Beifall belegten, wie gut die Veranstaltung angenommen wurde.

Und dies nicht zuletzt wohl auch, weil es enorm wohltuend sein kann, wieder leibhaftig einer Kulturveranstaltung beizuwohnen.

Trotz Corona Masken und Abstandswahrung brachten die FolkVenner schwungvoll Stimmung auf Averbecks Hof

www.heimatverein-glane.de