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Artikel vom 3.Juli 2004
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"Kinder auf
dem Lande nicht zum Studieren anleiten!"
Ausstellung über Grundschulen im Kirchspiel
Glane in Averbecks Speicher |
Erinnerungen an die Schulzeit in den
Ortsteilen Glane, Sentrup und Ostenfelde wurden
wach, als der Heimatverein Glane am Sonntag, dem
27. Juni, zusammen mit der Averbeck-stiftung und
dem Verein für Orts- und Heimatkunde eine Ausstellung
über die Grundschulen des Kirchspiels Glane
in Averbecks Speicher eröffnete.
"Heimatpflege kann man nicht besser darstellen
als über eine solche Ausstellung," betonte
Heinz Köhne von der Averbeck-Stiftung seine
Grußworte an das zahlreich erschienene Publikum.
Einen Überblick über die Exponate gab
Agnes Wiemann vom Heimatverein Glane: Die Idee sei
angesichts einer Fotoausstellung über die Sentruper
Grundschule gekommen, die im Rahmen des letztjährigen
Adventsbasars von Dorothea Brinker im Pfarrheim
Glane gezeigt worden war. Frau Brinkers Privatsammlung,
die neben Bildern auch viele Schriften und andere
Utensilien umfasst, bildete somit den Grundstock
einer Übersicht, die von 1902 bis zur Auflösung
der Volksschule 1973 reicht. Den größten
Teil der Ausstellung bilden Exponate aus der langen
Tradition der Glaner Schule: Vielen Besuchern wird
beispielsweise neu sein, dass es einmal eine Knaben-
und eine Mädchenschule gab, und dass der Pfarrer
des Ortes um die Wende zum 20. Jahrhundert gleichzeitig
Schulinspektor war. "Richtig spannend"
sei es geworden, so Agnes Wiemann, als Stifter Adolf
Averbeck selbst die alten Schätze seiner Familie
- bis hin zu Teilen aus der Schulzeit seiner Eltern
- hervor geholt habe. Sie haben einen besonderen
Platz in einer Vitrine. |
Eine Ausstellung über die
Grundschulen im Kirchspiel Glane eröffnete
und erläuterte am Sonntag, dem 27. Juni, Agnes
Wiemann vom Heimatverein Glane e.V. |
Einem amüsanten Vortrag
über die Ostenfelder Schulgeschichte fügte
der ehemalige Grundschulleiter Josef Osters das
"Ostenfelder Schullied" an. |
Drei Heiligenfiguren, die Schulkinder
im Jahr 1929 angeschafft, und die im Dritten Reich
wieder entfernt wurden, hat Richard Wesseler eigens
für die Aussstellung restauriert. Zu den Besonderheiten,
die die Auslagen über die Ostenfelder Grundschule
bereichern, gehört unter anderem ein Gemälde
des damaligen Lehrers Franz Gausmann. Blickfang
aller drei Schulbereiche sind die Foto-Collagen,
auf denen neben Bildern der Gebäude selbstverständlich
auch viele Schulklassen abgebildet sind. Hinzu kommen
zeittypische Utensilien wie Griffelkästen,
Schiefertafeln, Schwämmchen und - Zeugnisse!
Amüsantes aus der Schulgeschichte wussten die
beiden ehemaligen Schulleiter Josef Osters (Ostenfelde)
und Joseph Jahn (Glane) zu berichten.
Josef Osters zog dazu den Aufsatz eines ehemaligen
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Auch Joseph Jahn, der ehemalige
Leiter der Grundschule Glane, wusste Interessantes
aus dem Schulleben zu berichten.
Stellvertretend für seine
Mutter Irmgard Rahe überreichte Philipp Rahe
eine Schulchronik an die Glaner Grundschulleiterin
Uta Albers. Mit im Bild (r.) ist Agnes Wiemann.
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Schülers, des bereits verstorbenen
Rainer Jäkel, heran, der sich mit der Geschichte
der Ostenfelder Schule befasst hatte. So hatte Jäkel
eruiert, dass an der Nebenschule, die am Hof Eggers
untergebracht war, Nebenlehrer arbeiteten, die eigentlich
Heuerleute, Handwerker, Knechte oder entlassene
Soldaten waren. Ihre Qualifikation wurde seit 1750
mit einer Antrittsprüfung ermittelt, bei der
sie unter anderem zwei größere Zahlen
richtig zu addieren und zu subtrahieren hatten.
In einer Schulordnung von 1786 seien die Lehrer
dazu aufgefordert worden, die Kinder auf dem Land
keinesfalls zum Studieren anzuleiten, da ihre Arbeitskraft
gebraucht werde und sie ansonsten zu reinen Müßiggängern
auf Staatskosten würden. Osters schloss seinen
Vortrag mit dem "Ostenfelder Schullied",
das er selbst an der Gitarre begleitete, und in
dessen Refrain das Publikum begeistert einfiel.
Einen kleinen Rückblick auf 200 Jahre Schulgeschichte
und im besonderen auf die letzten 50 Jahre, deren
größten Teil er selbst im Schuldienst
verbrachte, gab auch der ehemalige Schulleiter der
Glaner Grundschule, Joseph Jahn. Lange Zeit habe
er - auch in seinen Anfangsjahren als Lehrer im
Hümmeling (Emsland) - jahrgangsübergreifende
Klassen unterrichtet, darunter auch ein Jahr lang
eine Zwergschule mit 58 Kindern, deren erster bis
achter Jahrgang in einer einzigen Klasse unterrichtet
wurde. zu den Veränderungen des Schulsystems
während seiner Laufbahn gehörten die Umwandlung
der Volksschule in Grund- und Hauptschule sowie
die Einrichtung von "Mittelschulen", der
heutigen |
Realschulen. Sei es vor vierzig Jahren noch der
vorrangige Wunsch der Eltern gewesen, dass ihre
Kinder die Volksschule besuchen und ein solides
Handwerk erlernen, so mache heute das Gymnasium
das Rennen. Er selbst habe vor vielen Jahren die
Eltern eines Mädchens zu überzeugen
versucht, sie aufs Gymnasium zu schicken. Sie
hätte abgelehnt, da sie als Arbeitskraft
zu Hause gebraucht werde, und sie ja noch heirate
und dann alles umsonst gewesen sei. Dieses Mädchen
habe er vor rund drei Jahren wiedergetroffen:
Sie hatte es schließlich über den zweiten
Bildungsweg geschafft, Lehrerin zu werden.
Eine besondere Freunde war es für die derzeitige
Leiterin der Grundschule Glane, Uta Albers, eine
Schulchronik aud den Händen von Philipp Rahe
entgegen zu nehmen, die die Zeit von 1892 bis
2003 umfasst. Hierzu hatten Maria Horstmeyer,
Christa Avenwedde sowie Franz und Hedwig Schaiper
zwei alte Schulchroniken aus dem Sütterlin
übersetzt und Irmgard Rahe hatte alles per
Computer zusammen gefügt.
Erst kurz vor Ausstellungsbeginn hatte Irmgard
Rahe auch die Sentruper Chronik neu getippt, die
von Maria Horstmeyer ebenfalls aus dem Sütterlin
übersetzt worden war. Die alte Ostenfelder
Schulchronik liegt hier ebenfalls aus, die Sütterlin-Passagen
werden derzeit noch von Schulleiterin Cornelia
Tippel und ihrem Kollegium übersetzt.
Interessierte haben noch bis zum zwölften
September Gelegenheit, die Ausstellung zu besichtigen
und ggf. selbst Ergänzungen und Anregungen
ein zu bringen. Geöffnet ist Averbecks Speicher
mittwochs und sonntags von 15.00 Uhr bis 17.00
Uhr sowie nach Vereinbarung (05403/780486, Agnes
Wiemann).
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